3. Ambivalenzen der Sicherheit

Sicherheit als ein moralisch aufgeladenes Konzept[1] bedeutet: 

– dass die Herstellung von Sicherheit menschliches Handeln ist und wie jedes menschliche Handeln unter moralischem Anspruch steht;

– dass das Erforschen, Wahrnehmen und Bereitstellen von Sicherheit implizit und explizit durch Werte bestimmt sind: „[A] threat to security”, so Peter Burgess[2], “is implicitly linked to what has value for us. It is linked to the possibility that what we hold as valuable could disappear, be removed or destroyed“.

– dass Sicherheit und Unsicherheit nicht auf einer einheitlichen Skala angeordnet sind, auf der Sicherheit „gut“ und Unsicherheit „schlecht“ ist, sondern Sicherheit und Unsicherheit in komplexer Weise verwoben sind; 

– und dass Sicherheit aus anthropologischen, gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Gründen immer begrenzt ist, und darum gerecht verteilt werden muss; dass Sicherheit zugleich, gegen jede Totalisierung, begrenzt werden muss und darum ein richtiges Maß braucht. Damit wird Sicherheit ambivalent: Zum einen ist Sicherheit ein hoher Wert, so dass die Herstellung und Erhaltung von Sicherheit geboten ist. Ohne ein Grundmaß an Sicherheit ist keine Handlungsplanung möglich, keine grundlegende kulturelle Entwicklung, keine Gerechtigkeit. Zum anderen aber sind mit der Verfolgung des Zieles „Sicherheit“ häufig Einschränkungen auf anderen Gebieten verbunden. So entpuppt sich die zunächst unproblematische Nachfrage nach mehr Sicherheit als ein klassischer Zielkonflikt zwischen verschiedenen Gütern wie Sicherheit, Freiheit, Gerechtigkeit und Privatheit. Denn im Versuch, jeweils mehr Sicherheit herzustellen, kann sich leicht eine Dynamik entwickeln, in der andere Güter verletzt oder eingeschränkt werden. Abwägungsüberlegungen fragen danach, welchen Preis – in Form von Geld, Freiheit, Gerechtigkeit oder Privatheit – wir bereit sind, für den Wert „Sicherheit“ zu bezahlen. 


[1] Vgl. dazu Regina Ammicht Quinn (2017): Die Ethik Ziviler Sicherheit. In: Christoph Gusy/Dieter Kugelmann/Thomas Würtenberger (Hg.): Rechtshandbuch Zivile Sicherheit, Berlin/Heidelberg: Springer, 23-54

[2] Burgess, Peter J. (2011): The Ethical Subject of Security. Geopolitical Reason and the Threat against Europe. Abingdon, New York: Routledge, 13.

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